Grundlagen 1: Sinneswahrnehmungen

Jede intelligente Person, die schon einmal Golf gespielt hat, hat über das Verhältnis zwischen den geistigen und körperlichen Aspekten des Spiels nachgedacht. Diese Thematik ist grundlegend für den Golfsport.

Ich wurde früh damit konfrontiert darüber nachzudenken, da es mir als professionellem Golfer anfangs schwerfiel, am ersten Abschlag im Meyrick Park einen ordentlichen Schlag zu Stande zu bringen. Warum? Wenn wir die Antwort auf diese Frage finden könnten, würden wir die bekannten Nerven im Golfsport besser verstehen und wir uns könnten uns darum bemühen, sie zu kontrollieren.

Wenn wir über die Eigenschaften eines guten Golfspielers nachdenken, beginnen wir meist mit einer Liste körperlicher Qualitäten, wie einem guten Auge, starken Handgelenken und guter Reichweite. Zu diesen fügen wir - wenn wir fortgeschritten genug sind, um uns der Psychologie bewusst zu sein - zwei oder drei rein mentale Qualitäten hinzu, wie zum Beispiel starke Nerven und Intelligenz.

Jahrelang habe ich versucht, ein faires Gleichgewicht zwischen den Eigenschaften in den beiden Gruppen zu finden. Manchmal dachte, Golf bestehe zu 50 Prozent aus körperlichen und zu 50 Prozent aus geistigen Aspekten, dann zu 40 und 60 Prozent oder gar zu 80 und 20 Prozent und alle möglichen anderen Verhältnisse. Ich konnte keine zufriedenstellende Antwort finden. Warum war das so? Ich habe inzwischen erkannt, dass eine klare Trennung zwischen geistigen und körperlichen Funktionen beim Golfspielen oder beim Golfunterricht nicht möglich ist.

Natürlich war diese Aufteilung des Golfsports in separate körperliche und mentale Bereiche nicht meine eigene Idee. Es war die Art, wie wir alle über das Spiel dachten. Ich erinnere mich an einen der inspirierendsten Abende meines Lebens bei einer Debatte über einen leichteren Golfball - gelegentlich habe ich auch meinen Senf dazu gegeben. Dort trafen sich fähige Amerikaner und Mitglieder des Komitees der R. & A., darunter Walter Hagen, sowie Mitglieder des Ryder-Cup-Teams. Obwohl ich die Diskussion sehr genossen habe, hatte ich das Gefühl, dass sie unvollständig war; etwas fehlte. Ich glaube, mir wurde klar, dass die vorgebrachten Argumente keine Schlüssigkeit hatten, weil sie entweder zu sehr mental oder zu sehr körperlich waren.

Da eine Trennung zwischen dem Geistigen und dem Körperichen in der Praxis im Golf nicht möglich ist, kam ich schließlich kam ich zu dem Schluss, dass jede Trennung dieser Art beim Golfsport gekünstelt ist. Obwohl ich zu diesem Schluss gelangt war und meine Lehre immer mehr darauf aufbaute, fiel es mir schwer, diese Idee zum Ausdruck zu bringen, sogar für mich selbst.

Dann las ich durch einen der glücklichen Zufälle, die geschehen können, wenn die Zeit reif dafür ist, ein bemerkenswertes kleines Buch: 'Die Nutzung des Selbst' von F. Matthias Alexander. Es war eine Offenbarung für mich und erklärte genau das, wonach ich gesucht hatte. Alexander war ein Mann mit umfassenden Kenntnissen der Psychologie und Physiologie, der das gesamte Gebiet menschlicher Aktivitäten beobachtete und wissenschaftlich beschrieb, was ich im Golfsport gespürt hatte, aber nicht ausdrücken konnte. Seine Schlussfolgerung war folgende: Wir handeln niemals rein psychologisch oder rein physisch, sondern immer in einem einheitlichen Zusammenspiel aus beidem.

Dieses Zusammenspiel, wenn es richtig funktioniert, ermöglicht eine ganzheitliche Kontrolle. Genau das braucht ein Golfer. Mir wurde klar, dass diese Art der Kontrolle des Bewegungsablaufs genau das war, was ich schon immer zu lehren versuchte. Ich erkannte sie als Form der Kontrolle, die das Denken ersetzen kann und muss, denn sonst ist das Golfspiel vom aktuellen Gemütszustand abhängig. Aufregung, Depression, Hochgefühl - jede Emotion kann das Spiel beeinflussen und zerstören.

Ich galt immer als guter Lehrer, war aber nie vollständig zufrieden, da ich meinen Schülern nicht beibringen konnte, konsequent und unabhängig von äußeren Umständen zu spielen. Doch jetzt hatte ich das Gefühl, dass ich genau dazu in der Lage war, vorausgesetzt der Schüler ist bereit, langfristig an seinem Spiel zu arbeiten.

Mit meiner erweiterten Sichtweise auf das Verhältnis von physischem und mentalem sowie den Möglichkeiten der ganzheitlichen Kontrolle konnte ich mit meinen Schülern endlich eine Kontrolle nach der anderen aufbauen, indem ich ein Bewegungsgefühl bei Ihnen entwickelte. Ich lehrte den richtigen Bewegungsablauf und meine Schüler kamen in die Lage, ihre Schläge normal auszuführen, auch in Momenten in denen der Kopf nicht frei war.

Ein guter Boxer boxt auch auf Plattfüßen weiter. Und ein guter Golfer sollte selbst dann in der Lage sein seine besten Schläge zu machen, wenn er sechs Schläge zurückliegt.

Mir war schon lange klar gewesen, dass es wichtig ist, die Schläge eines Golfspielers und seinen augenblicklichen Gemütszustand voneinander zu trennen. Ich hatte einen effektiven, einfachen und befriedigenden Schwung entwickelt, wusste aber nicht, wie ich ihn lehren sollte - außer als eine Reihe mechanischer Abläufe. Nachdem ich die Idee der Kontrolle durch verinnerlichtes Bewegungsgefühl entwickelt hatte, konnte ich die Worte 'denken' und 'Gedanken' aus meinem Lehrvokabular streichen.

Die Resultate, die ich seitdem bei meinen Schülern beobachten konnte, waren buchstäblich verblüffend. Nicht weil ich einen besseren Schwung gelehrt habe, sondern weil meine Schüler lernten, ihre Schwünge unabhängig von äußeren Umständen und Gemütszuständen auszuführen. Viele meiner Schüler sagten nun: "Ich fürchte mich nicht mehr vor dem Ball, ich beachte ihn nicht einmal mehr. Ich schwing einfach durch."

Dies erzeugt natürlich Vertrauen und Beständigkeit. Was bedeutete dies für die Ergebnisse? Seitdem ich begonnen habe, in dieser Richtung zu unterrichten, gehörten zu meinen Schülern in St. Cloud: Frau Vagliano, Handicap 2, Kapitänin des Damenteams und französische Nationalspielerin; Mme Munier (geb. Jánine Gaveau), Scratch, vierfache Damenmeisterin und Nationalspielerin; die Duchesse d'Elkingen (geb. Mlle Francine Tollon), Handicap, zweimal Damenmeisterin und Nationalspielerin; Mme Straus (geb. Aline de Gunsbourg), Scratch, einstige französische Damenmeisterin und Nationalspielerin; Mme Decugis, Handicap 2, Nationalspielerin; Frau Petin, Handicap 2, Nationalspielerin; die Comtesse de St. Sauveur (geb. Lally Vagliano), plus 1, französische Meisterin, Nationalspielerin und britische Meisterin als 17-jähriges Mädchen.

Diese Damen waren begabt, intelligent, jung und fleißig. Sie machten das Unterrichten zu einer Freude. Zudem standen sie alle unter dem Einfluss der besonnenen Spielerin Mme Lacoste (geb. Simone Thiffon de la Chaume), von deren Urteil ich die höchste Meinung habe. Ihr eigenes Spiel verkörpert die Essenz des perfekten mentalen und physischen Gleichgewichts.

Aber nicht nur für die Ausbildung des Stils junger und talentierter Spieler ist die Idee der Kontrolle durch das verinnerlichte Bewegungsgefühl von unschätzbarem Wert. Eine Dame, die erst mit 40 zu ihrer ersten Stunde zu mir kam, hatte die Dreistigkeit, zehn Jahre später die großartige Mme Lacoste in der französischen Meisterschaft zu schlagen!

Für diejenigen, die gerne Beispiele hören, erzähle ich eine weitere Geschichte, die eine äußerst praktische Anwendung der Ideen verdeutlicht, die meiner Lehre zugrunde liegen.

Ich unterrichtete einen jungen Amerikaner, einen nachdenklichen und analytischen Jungen, der sich bis dahin alle Spiele, die er spielte, selbst beigebracht hatte. Er kam zu mir, weil er das, was er beim Golf erreichen wollte, körperlich nicht umsetzen konnte.

Also erklärte ich ihm so kurz wie möglich die Idee der Kontrolle durch das verinnerlichte Bewegungsgefühl. Er zeigte sich sehr interessiert. Obwohl er am College einen Psychologiekurs belegt hatte, hatte er nicht gedacht, dass ihm dieses Wissen beim Golf helfen könnte. Doch er verstand die Idee. Nachdem er darüber nachgedacht hatte, erzählte er mir eine bemerkenswerte Geschichte.

"Als ich das erste Mal nach England kam, hat mich der Linksverkehr, im Gegensatz zum Rechtsverkehr, den ich von zu Hause kenne, beinahe umgebracht. Immer wenn ich vom Bürgersteig auf die Straße gehen wollte, schaute ich nach links statt nach rechts. Das wurde so gefährlich, dass es einer besonderen Anstrengung meiner Vorstellungskraft benötigte, um eine Lösung zu finden. Es war nicht ausreichend, mir nur zu sagen, ich solle in die richtige Richtung schauen. Das hatte ich getan - und dann gleich wieder nach links geschaut! Also beschloss ich, jedes Mal, bevor ich von einem Bordstein stieg, meinen rechten Unterarm zu heben und meine Faust zu ballen. Ich vermutete, dass dies meine Aufmerksamkeit wie gewünscht auf die rechte Seite lenken würde. Und das tat es auch. Nach ein paar Tagen war ich geheilt."

Erkennen Sie die Bedeutung dieser Erfahrung? Er war intelligent und wusste, dass er nach rechts schauen musste, bevor er den Bordstein verließ. Aber allein das Wissen reichte nicht aus, da er dazu erzogen worden war, nach links zu schauen. Der Blick nach links war bei ihm zu einem Teil seines Bewegungsmusters geworden. Bei der Kontrolle von Bewegungen können Wissen und Denken ein Gewohnheitsmuster nicht gleichwertig ersetzen.

Nachdem dieser besonders intelligente junge Mann dies erkannt hatte, beschloss er, ein neues Bewegungsmuster aufzubauen: Bordsteinkante, rechten Arm heben, Faust ballen, nach rechts schauen.

Dies ist ein klarer Fall einer effektiven mental-körperlichen Kontrolle, die ohne formale Kenntnis dieses Begriffs aus den Notwendigkeiten des Augenblicks heraus entstanden war. Genau diese Entwicklung hat auch im Spiel jedes erfolgreichen Golfers stattgefunden.